a1_Die schriftlichen Quellen böhmischer Provenienz, vor allem die lateinisch verfassten Inventare von Kirchenparamenten, die Buchhaltungaufzeichnungen und juristischen Anmerkungen, aber auch die alttschechischen literarischen Denkmäler des 14. und 15. Jahrhunderts liefern einen Beweis für die breite Skala von Seidengewebarten. Die Quellen des 13. und der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts nennen, wenn wir von der allgemeinen Bezeichnung sericum absehen, fünf spezielle Arten von Seidestoffen - cendát, baldakin, naccum, aksamit und pavlaka. Die Quellen aus der zweiten Hälfte des 14, Jahrhunderts verzeichnen ferner cendelin, cendorl, nassetum ((Purpur und Scharlach), die seltene Seide Marmatum, pannus tartaricus, pannus paganicus, ppannus sarasinus, pannus aureus (Drap d´or), glatten Samt zur Unterscheidung von behaarten, rauhem Samt, Gewebe de opere greco und ganz ausnahmsweise Satin un pannus lucanus. Vom ausgehenden 14. Jahruhundert an sind dann Tafte und Atlasse nachgewiesen.
Die Zusammenstellung von Bezeichnungen is interessant nicht nur durch ihre Spannbreite, sondern auch dadurch, dass die meisten Ausdrücke entweder aus dem Arabischen hergeleitet sind oder sich auf Stoffe arabicher und orientalischer Herkunft beziehen. Der Umstand, dass die Seidenstoffe in unseren Quellen des 14. und der beginnenden Jahrhunderts vor allem mit arabischen Bezeichnungen benannt wurden, lässt sich mit der fortdauernden älteren Handelstradition in Verbindung bringen, der auch die Terminologie entnommen wurde. Man darf sie aber nicht als Beweis für ein maximales Vorherrschen des Imports von islamischen und orientalischen Seidenstoffen ansehen. Wie gezeigt wurde, verbergen sich unter einigen Bezeichnungen auch byzantinische Gewebe, zahlreiche Arten wurden auch von zyprischen, griechischen und italischen Werkstätten produziert (cendát, nachum, aksamit, baldakin). Dabei sind die Fragmente der Seidengewänder aus den Königsgrüften und die erhaltenen kirchlichen Ornate in den böhmischen Ländern grösstenteils Erzeugnisse italischer Werkstätten. Andererseits darf aber nich übersehen werden, dass heidnische, sarazenische und tartarische Stoffe, über deren Herkunft keine Zweifel bestehen können, verhältnismässig oft erwähnt werden. and a2_In den lateinischen Quellen des 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sind am häufigsten die Gewebe nachum (und nassetum), aksmit, baldakin und cendát belegt. Die Bezeichnungen für diese Gewebe werden auch von jenen Autoren gekannt und verwendet, die die übrigen Arten von Seidenstoffen mit dem allgemeinen Namen sericum ((gegebenfalls pannus aureus) versehen. In den alttschechischen Texten kommen in dieser Periode am öftesten die Ausdrücke zlatohohlav (Drap d´or) und aksamit (Samt) vor. Im Laufe des 15. Jahrhunderts ändert sich die Frequenz der Bezeichnungen für Seidenstoffe. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts verschwinden die lateinischen Bezeichnungen nachum (nassetum bereits früher), es verschwindet auch der Ausdruck pannus tartaricus, pannus sarasinus und marmatum. Aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts existieren auch die letzten Belege hinsichtlich der Unterscheidung in glatte und hebaarte (rauhe) Samte. Während des 15. Jahrhunderts werden immer öfter Atlasse und Tafte nachgewiesen, die bereits im ausgehenden 14. Jahrhundert Erwähnung finden. Es kommen aber auch neue Bezeichnungen vor: damašek (Damast), tykyta und kamcha.
Die in den Quellen des 14. und 15. Jahrhunderts belegten Bezeichnungen für Seidenstoffe bezogen sich vor allen auf Stoffe bestimmter Qualität und Verarbeitung, lediglich in einigen Fällen (hauptsächlich bei alttschechischen Bezeichnungen) auch auf das Aussehen des Gewebes an sich: man darf sie aber nicht vorwiegend mit Stoffen einer gewissen Provenienz identifizieren.