Der Stoff vom Goldenen Spinnrad, ausgehend von den mündlichen Überlieferungen aus der Volkspoesie, wurde in den Werken der tschechischen Literatur insgesamt dreimal aufgegriffen: im Märchen von B. Němcová „Vom goldenen Spinnrad“, im Gedicht von K. J. Erben „Das goldene Spinnrad“ und schliefilich in der freien Inszenierung des Erben schen Gedichts im Theater Semafor durch das Autorenduo J. Suchý (Text) — F. Havlík (Musik). Die einzelnen Bearbeitungen des identischen Themas wurden deutlich durch die zeitgenössische Poetik, der schriftstellerischen Absicht, durch die Wahl des literarischen Genres und weiteren Faktoren beeinflufit, wie es sich deutlich anhand des Vergleichs der einzelnen Textstrukturen erkennen läfit. In diesem Aufsatz wird die motivische Struktur der angeführten Texte analysiert und anschlieflend verglichen, wobei man vom motivischen Modell ausgeht; daβ aus den drei Schlüsselmotiven gebildet wird: das Motiv vom Goldenen Spinnrad, das Motiv des rätselhaften Alten sowie das Motiv von der Ermordung und nachfolgenden Auferstehung der Hauptheldin. Die Analyse und der semantische Vergleich sowie die Funktion dieser Triade von Motiven, deren gegenseitige Beziehungen und nebenher auch deren weitere formale und inhaltliche Aspekte decken klar die Unterschiede in den einzelnen Texten auf, die sich aus den oben genannten Umständen der Entstehung der einzelnen Bearbeitungen ergeben. In der Bearbeitung von B. Němcová werden die Schliisselmotive im dualistischen Konzept der Volksmärchen (Kampf zwischen Gut und Böse) realisiert. Die Schriftstellerin hält sich im bestimmten Mafie an die ursprüngliche miindliche Überlieferung, oder ihr schriftstellerischer Eingriff in den ursprünglichen Stoff ist absichtlich minimal gehalten. Im Vergleich zu ihr nutzt Erben das volkstümliche Thema zur Konstruktion einer inhaltlich und auch formal komplizierteren Form, die der Poetik des Romantismus unterlegen ist. Die grundlegenden Fragen des menschlichens Daseins - das Schicksal des Einzelnen, Schuld und Büβe - geben den Schliisselmotiven ihre primäre mythologische Semantik zurück, die im Märchen von B. Nìmcová von den Einflüssen gesellschaftlicher Umbrüche überschattet wurde. In der Inszenierung von Suchý und Havlík werden die Motive des Erben'schen Gedichts oft in sehr kontrastreiche Beziehungen zu „modernen“oder auch „bürgerlichen“ Motiven gesetzt, was das klassische Thema ganz im Sinne des för das Theater Semafor charakter istischen Humor s belebt und es so dem gegenwärtigen Betrachter näherbringt.
The present study focuses on the intertextual relations between fairy-tale patterns and their artistic adaptations that are in contemporary literary communication and meta-communication denominated apocrypha. The study analyzes and compares the short story anthologies of Přemysl Rut V mámově postýlce(In Mummy’s Bed, 2000) and Květa Legátová Mušle a jiné odposlechy (Shell and Other Eavesdroppings, 2007). Both authors in some of their stories reproduce in specific way the classical adaptations of folklore tales, or better to say components of their typical plotlines. The study shows how the intertextual relations between apocrypha and its fairy-tale prototexts are established and aims to identify the nature of intertextual transformations of the original tale plots, motives and characters. The basic procedure of apocrypha writing is the motivic amplification of the fairy-tale that enters the text either through the quotation or through the basic plotline that is then rewritten anew. The fairy-tale prototext or the general acquaintance with it constitutes the indispensable perceptual background of the apocrypha and upon this background the ironic intertextual game with allegorical or variously actualized meanings is being played. This game “it happened some other way” is focused on adult recipients, something that sets the fairy-tale apocrypha apart from the range of post-modern variants of authorial tales.